Herbstolive (mit frischen Oliven, Edit zum Anwaschbericht)
Verfasst: Dienstag 15. November 2016, 22:37
Hallo, zusammen,
im Oktober fängt an Orten, an denen ich jetzt gerade lieber wäre als hier, die Olivenernte an. Und so ging ich letzten Monat an den Auslagen eines türkischen Gemüsehändlers vorbei und fand tatsächlich im völlig verregneten Münsterland frische grüne Oliven. Ich hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was ich damit tun sollte, aber einfach weitergehen ging auch nicht, schon aus reinem Forschungsdrang musste ein halbes Pfund mit zu mir.
Mit freundlicher Hilfe von Bärenfrau und ein paar anderen habe ich erstmal festgestellt, dass es um meine Chancen, sie zu essen, eher schlecht bestellt war, weil ich die langwierigen Prozeduren, um die Bitterstoffe loszuwerden, zeitlich nicht einplanen konnte (und puh: frische grüne Oliven sind verdammt bitter, ich konnte es natürlich nicht lassen, neugierig in eine reinzubeissen, brrr).
Also verseifen
Ich hatte mir folgendes Rezept ausgedacht für 800 g GFM:
14% Babassu
14% Shea
10% Rizi
2% Bienenwachs
60% Olive
Es blieb die Frage, wieviel Olive.
Wikipedia hat mir verraten, dass bei frischen grünen Oliven der Wasseranteil zwischen 50 und 70% liegt, und der Fettanteil zwischen 6 und 30%. Für meine Rezept Planung habe ich mir für den Gesamtwasseranteil ein Limit von 25% GFM gesetzt (weil ich finde, dass eine Wasserreduktion gerade Rezepten mit viel Olivenöl gut tut). Mit dem LU wollte ich irgendwo zwischen 10 und 20% landen. Die Wasserrechnerei habe ich rasch hinbekommen, aber dann habe ich ziemlich auf der Leitung gestanden beim Versuch, auszurechnen, in welcher Größenordnung die Oliven meinen LU verändern würden. Bemike hat mir hier auf die Sprünge geholfen (danke, Bemike ):
http://www.seifentreff.de/rezepte-und-i ... 34886.html
Schlussendlich habe ich also 15% Wasser für die Lauge (bezogen auf GFM) genommen, 20g Meersalz und 20g Rohrohrzucker darin aufgelöst. Beim LU habe ich mich für 10% (ohne Oliven) entschieden. Als Oliveneinwaage habe ich 120g genommen (ohne Kerne gewogen). D.h., mein tatsächlicher Gesamtwasseranteil lag einschließlich Oliven zwischen 22,5% und 25,5%, und mein tatsächlicher LU lag einschließlich Oliven zwischen 11% und 14%.
Die Oliven musste ich übrigens zweimal schnibbeln, weil es zwischendurch an meiner Tür geklingelt hat: ein 10 Minuten Schwätzchen, und meine geschnibbelten Oliven waren dunkelbraun oxydiert. Beim zweiten Mal war ich schlauer und habe sie sofort in Öl versenkt. Mengenmäßig ist das dann sogar genau aufgegangen: es sind nur 2 Oliven übrig geblieben, und eine davon war von einem Würmchen bewohnt, das hätte ich sowieso nicht verseifen wollen. Übrigens hat es nicht richtig funktioniert, die grünen Oliven mit Öl zu pürieren: ich konnte die auf eine Körnung von ca. 1-2 mm runterhäckseln, und dann war Schluss, kleiner sind die Stückchen nicht geworden mit dem Püri, und sie schwammen dann halt im Olivenöl rum.
Frische Oliven bewirken ein extrem schnelles Anziehen des Seifenleims. Keine Seife am Stiel, aber doch sehr zack- zack- Pudding. Arbeitstemperatur war allerdings auch 50°C, aber ich siede öfter in der Größenordnung, und eine Seife, die so ein Tempo vorlegt, hatte ich noch nicht. Nach dem ersten 1 Sekunden Püristoß dachte ich "das kann doch gar nicht sein, dass die schon fertig emulgiert ist". Nach dem zweiten dachte ich "ist das eine trace?!", und, na ja, nach dem dritten war es fester Pudding.
Ich hatte so gerade eben noch Zeit, das zu beduften und in die Blockform zu spachteln (ÄÖ Mischung aus Melisse indicum, Fenchel, Krauseminze und Patchouli). Hab mit dem Duft noch 15g Honig reingepackt, um die Gelphase zu erzwingen. Wär nicht nötig gewesen. Zwar war die Temperatur Entwicklung in den ersten 2 Stunden sehr moderat, die Seife hat sich aber komplett verfestigt in dieser Zeit. 2 Stunden später ging es aber richtig ab: mit dem Infrarot Thermometer habe ich 88°C Oberflächentemperatur gemessen, die Seife ist wieder aufgeweicht und glasig geworden, ganz klar komplett gelend. Eigentlich sollte das bei der Wasserreduktion nach Kevin Dunn nicht zu erwarten sein, auch nicht bei 88°C. Naja, er hat natürlich nicht von allen denkbaren Rezepten die Schmelzpunkte ermittelt, und ich weiß nicht, wie warm der Kern dieser Seife war.
Es war spät abends, ich war müde, und ich hatte eigentlich keine Lust mehr, der Seife beim Verseifen zuzusehen. Nach 4 Stunden habe ich die noch warme, aber feste Seife ausgeformt und geschnitten, weil ich mir nicht sicher war, ob das am nächsten Morgen noch gegangen wäre. Zum Stempeln konnte ich mich aber nicht mehr aufraffen. Am nächsten Morgen ging es kaum noch: nur minimale Abdrücke, und selbst die warennur mit ganz kleinen Stempeln möglich, bei denen sich der Stempeldruck auf kleine Flächen konzentriert.
So, und hier ist die schnellste Maus vom Mittelmeer:
Übrigens war dies auch eine Seife, die sich (trotz der Hitze) nicht aufgebläht sondern vielmehr zusammengezogen hat: ich hatte die Blockform überfüllt, am Ende war sie aber nicht einmal mehr voll.
Und alles, was hier zum Turboantrieb steht, gilt nur für frische Oliven. Ich habe ein ähnliches Rezept mal mit pürierten eingelegten schwarzen Oliven gemacht, und die Seife hat sich ganz anders verhalten.
im Oktober fängt an Orten, an denen ich jetzt gerade lieber wäre als hier, die Olivenernte an. Und so ging ich letzten Monat an den Auslagen eines türkischen Gemüsehändlers vorbei und fand tatsächlich im völlig verregneten Münsterland frische grüne Oliven. Ich hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was ich damit tun sollte, aber einfach weitergehen ging auch nicht, schon aus reinem Forschungsdrang musste ein halbes Pfund mit zu mir.
Mit freundlicher Hilfe von Bärenfrau und ein paar anderen habe ich erstmal festgestellt, dass es um meine Chancen, sie zu essen, eher schlecht bestellt war, weil ich die langwierigen Prozeduren, um die Bitterstoffe loszuwerden, zeitlich nicht einplanen konnte (und puh: frische grüne Oliven sind verdammt bitter, ich konnte es natürlich nicht lassen, neugierig in eine reinzubeissen, brrr).
Also verseifen
Ich hatte mir folgendes Rezept ausgedacht für 800 g GFM:
14% Babassu
14% Shea
10% Rizi
2% Bienenwachs
60% Olive
Es blieb die Frage, wieviel Olive.
Wikipedia hat mir verraten, dass bei frischen grünen Oliven der Wasseranteil zwischen 50 und 70% liegt, und der Fettanteil zwischen 6 und 30%. Für meine Rezept Planung habe ich mir für den Gesamtwasseranteil ein Limit von 25% GFM gesetzt (weil ich finde, dass eine Wasserreduktion gerade Rezepten mit viel Olivenöl gut tut). Mit dem LU wollte ich irgendwo zwischen 10 und 20% landen. Die Wasserrechnerei habe ich rasch hinbekommen, aber dann habe ich ziemlich auf der Leitung gestanden beim Versuch, auszurechnen, in welcher Größenordnung die Oliven meinen LU verändern würden. Bemike hat mir hier auf die Sprünge geholfen (danke, Bemike ):
http://www.seifentreff.de/rezepte-und-i ... 34886.html
Schlussendlich habe ich also 15% Wasser für die Lauge (bezogen auf GFM) genommen, 20g Meersalz und 20g Rohrohrzucker darin aufgelöst. Beim LU habe ich mich für 10% (ohne Oliven) entschieden. Als Oliveneinwaage habe ich 120g genommen (ohne Kerne gewogen). D.h., mein tatsächlicher Gesamtwasseranteil lag einschließlich Oliven zwischen 22,5% und 25,5%, und mein tatsächlicher LU lag einschließlich Oliven zwischen 11% und 14%.
Die Oliven musste ich übrigens zweimal schnibbeln, weil es zwischendurch an meiner Tür geklingelt hat: ein 10 Minuten Schwätzchen, und meine geschnibbelten Oliven waren dunkelbraun oxydiert. Beim zweiten Mal war ich schlauer und habe sie sofort in Öl versenkt. Mengenmäßig ist das dann sogar genau aufgegangen: es sind nur 2 Oliven übrig geblieben, und eine davon war von einem Würmchen bewohnt, das hätte ich sowieso nicht verseifen wollen. Übrigens hat es nicht richtig funktioniert, die grünen Oliven mit Öl zu pürieren: ich konnte die auf eine Körnung von ca. 1-2 mm runterhäckseln, und dann war Schluss, kleiner sind die Stückchen nicht geworden mit dem Püri, und sie schwammen dann halt im Olivenöl rum.
Frische Oliven bewirken ein extrem schnelles Anziehen des Seifenleims. Keine Seife am Stiel, aber doch sehr zack- zack- Pudding. Arbeitstemperatur war allerdings auch 50°C, aber ich siede öfter in der Größenordnung, und eine Seife, die so ein Tempo vorlegt, hatte ich noch nicht. Nach dem ersten 1 Sekunden Püristoß dachte ich "das kann doch gar nicht sein, dass die schon fertig emulgiert ist". Nach dem zweiten dachte ich "ist das eine trace?!", und, na ja, nach dem dritten war es fester Pudding.
Ich hatte so gerade eben noch Zeit, das zu beduften und in die Blockform zu spachteln (ÄÖ Mischung aus Melisse indicum, Fenchel, Krauseminze und Patchouli). Hab mit dem Duft noch 15g Honig reingepackt, um die Gelphase zu erzwingen. Wär nicht nötig gewesen. Zwar war die Temperatur Entwicklung in den ersten 2 Stunden sehr moderat, die Seife hat sich aber komplett verfestigt in dieser Zeit. 2 Stunden später ging es aber richtig ab: mit dem Infrarot Thermometer habe ich 88°C Oberflächentemperatur gemessen, die Seife ist wieder aufgeweicht und glasig geworden, ganz klar komplett gelend. Eigentlich sollte das bei der Wasserreduktion nach Kevin Dunn nicht zu erwarten sein, auch nicht bei 88°C. Naja, er hat natürlich nicht von allen denkbaren Rezepten die Schmelzpunkte ermittelt, und ich weiß nicht, wie warm der Kern dieser Seife war.
Es war spät abends, ich war müde, und ich hatte eigentlich keine Lust mehr, der Seife beim Verseifen zuzusehen. Nach 4 Stunden habe ich die noch warme, aber feste Seife ausgeformt und geschnitten, weil ich mir nicht sicher war, ob das am nächsten Morgen noch gegangen wäre. Zum Stempeln konnte ich mich aber nicht mehr aufraffen. Am nächsten Morgen ging es kaum noch: nur minimale Abdrücke, und selbst die warennur mit ganz kleinen Stempeln möglich, bei denen sich der Stempeldruck auf kleine Flächen konzentriert.
So, und hier ist die schnellste Maus vom Mittelmeer:
Übrigens war dies auch eine Seife, die sich (trotz der Hitze) nicht aufgebläht sondern vielmehr zusammengezogen hat: ich hatte die Blockform überfüllt, am Ende war sie aber nicht einmal mehr voll.
Und alles, was hier zum Turboantrieb steht, gilt nur für frische Oliven. Ich habe ein ähnliches Rezept mal mit pürierten eingelegten schwarzen Oliven gemacht, und die Seife hat sich ganz anders verhalten.